Der Besitzer

Mit einiger Wahrscheinlichkeit kennen wir den Namen des „Besitzers“ ! Der Grund könnte folgender sein:
 
1. Im Jahr 1912 wurden beim sog. Einbettl, d.h. am Ortsrand von Leutstetten, von der Villa aus zu sehen,
zwei römische Brandgräber aus der 2. Hälfte des 2.Jh. gefunden. Sie dürften zur Villa gehört haben, da sonst keine Ansiedlung in der Nähe bekannt ist. Zudem wurden solche Grabstätten immer an Wegen oder Straßen angelegt, damit Vorbeikommende die Gräber sehen konnten.
 
 
2. Bei Renovierung von St. Alto in Leutstetten wurde 1963 unter dem rechten Seitenaltar ein vermauerter römischer Grabstein entdeckt. (Abb. 19) Von Größe und Gewicht ist er so, daß er sicher nicht weit transportiert wurde; 700 kg bis 1 Tonne schleppt man nicht weiter als unbedingt nötig. Es ist also wahrscheinlich, daß der Grabstein zu den Brandgräbern gehört, die Brandgräber aber zur Villa.
 
Der Text nennt einen Publius Iulius Pintamus und seine Frau Popeia, die „dem besten Gatten“ den Grabstein gesetzt hat. Er stammte aus Augusta Bracara, dem heutigen Braga in Nordportugal. Er machte offensichtlich militärisch und im Kommunalbereich Karriere und war demnach ein ziemlich wohlhabender Mann. Er scheint hier möglicherweise einen Nebenwohnsitz gewählt zu haben.
Die Größe bzw. Kleinheit des Anwesens legt den Schluß nahe, daß hier nicht unbedingt ein großer Betrieb existierte, sondern eher der notwendige Eigenbedarf gedeckt werden sollte. Vielleicht hat auch die Lage gereizt, denn wenn man sich die heute vorhandenen Bäume im Süden wegdenkt, hat man einen phantastischen Panoramablick auf die Alpen. Vielleicht war Pintamus der Erste unter denen, die sich –  möglicherweise neben einem standesgemäßen, großen Domizil –  eine Villa am Starnberger See leisteten….
 
Interessant ist auch noch folgende Überlegung:
Aus sog. Militärdiplomen weiß man, daß in Raetien zwei Kohorten aus Braga lagen, der Heimat des Publius Pintamus. Es handelte sich um die cohors III Bracaraugustanorum, die in Theilenhofen bei Weißenburg stationiert, und die cohors V Bracaraugustanorum, deren Standort das Römerkastell Künzing zwischen Deggendorf und Passau war.
 
Da Kohorten häufig landsmannschaftlich ausgehoben und als solche zusammen eingesetzt wurden, ist es nicht unrealistisch anzunehmen, daß Publius Pintamus, weil er aus Augusta Bracara stammte, in einem der beiden Lager als Dekurio einer Reitereinheit gedient hat; da die cohors III als „equitata“ (beritten) genannt wird, könnte das römische Theilenhofen sein Standort gewesen sein.
 
Selbstverständlich handelt es sich hier um Spekulation, aber sie ist nicht unplausibel und erlaubt uns, den Ort, an dem wir stehen, nicht nur als totes Zeugnis der Vergangenheit zu sehen.

Fortsetzung:

- Schutzbau


Abb. 19 Grabstein aus St. Alto
 
Erstellt:03.11.2004     copyright  Gesellschaft für Archäologie und Geschichte - Oberes Würmtal e.V.