Statue

Grabungen

 

Aktuelle Grabung:  ehemaliges Bergmoser-Grundstück im Ortszentrum von Gauting; römische Funde / Befunde 

 

Hier werden die Gautinger Grabungen (ab 1930) zusammengefaßt kurz wieder gegeben, gefolgt durch daraus abgeleitete Erkenntnisse zur Bebauung und Größe Bratananiums.

Geschichte der Ausgrabungen (ab 1930)

Wesentlichen Anteil an der Entdeckung und Sicherung der römischen Vergangenheit Gautings hat Prof. Dr. Wolfgang Krämer (1885 -1972).

Bis im Jahr 1930 ein Tonkruglager gefunden wurde,  war eine römische Vergangenheit Gautings zwar vermutet, aber nicht nachweisbar.  Durch eine rege Neubautätigkeit am Südrand des Bauerndorfes in den folgenden 2 Jahrzehnten stieß man aber immer wieder auf Zeugnisse aus der Vergangenheit. Es wurde erkannt, daß mit dem auf der Tabula Peutingeriana genannten Ort Bratananio das heutige Gauting gemeint war. Im Jahr 1936 wurden die Fundamente eines Wohnhauses und eines Badegebäudes gefunden. (Abb. 1) Eine Grabung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD) im Jahre 1951 brachte wesentliche Erkenntnisse zu Lage und Umfang der Straßenstation / Herberge (Mansio)  In der Zeit danach wurde im sog. Reismühler Feld sehr intensiv weitergebaut, jedoch ohne archäologische Kontrolle, so daß anzunehmen ist, daß eine Vielzahl von Zeugnissen der Römerzeit verloren gegangen ist. 1972 verstarb Dr. Wolfgang Krämer. Die damalige Fundsituation blieb bis Anfang der Achtzigerjahre unverändert. Erst danach entwickelte sich ein neues, breiteres Interesse an derartigen Fragen. Im Jahr 1984 war eine Grabung etwa 600 m südlich der heutigen Ortsgrenze ein erster Schritt. Dabei kamen überraschenderweise Teile einer römischen Benefiziarier-Standarte zum Vorschein.(Abb. 2) Es handelte sich dabei um 2 springende Löwen sowie 4 Löwen-Doppelköpfe aus Bronze. Dies ist insofern ein außerordentlicher Fund, als bisher in ganz Europa nur etwa ein halbes Dutzend Vergleichsstücke bekannt sind. Die vollständigsten Stücke stammen aus Flobeq (Belgien) und vom Großen St. Bernhard. Ab 1992 wurden dann weitere, professionell geleitete Ausgrabungen durchgeführt. Es wurde das Gräberfeld im Süden, die Nebengebäude der sog. Herberge und eine Reihe von weiteren Einzelobjekten ausgegraben. In der Folge wurde im  Jahr 1998 die Gesellschaft für Archäologie und Geschichte - Oberes Würmtal gegründet, deren Mitglieder durch ihre ehrenamtliche Mitarbeit ein nicht zu unterschätzender Faktor in der Gewinnung weiterer Erkenntnisse darstellten. Seit 2005 werden die Grabungen von berufsmäßigen Archäologen durchgeführt; Mitglieder unserer Gesellschaft leisten gelegentlich dabei Hilfsdienste wie Scherbenwaschen. Im Frühjahr 2016 kam bei den Vorarbeiten für den Bau einer Flüchtlingsunterkunft in der Leutstettener-Strasse ein Stück der Römerstrasse zum Buchendorfer Berg zum Vorschein und im Herbst 2016 der römische Würmübergang. Durch diese beiden Befunde konnte nun der exakte Verlauf der römischen Straße östlich der Würm in Richtung Buchendorf bestimmt werden. In den Jahren 2018 und 2020 wurde jeweils auf dem Grundstück westlich des Rathauses am Krapfberg gegraben. Das Grundstück gehört zu dem frühbajuwarischen Gräberfeld am Pfingstmittwochbühel. Dabei kamen in zwei Gräbern neben den Skeletten zahlreiche und wertvolle Grabbeigaben ans Licht.

Chronologie der Grabungen, hauptsächlich im Bereich des röm.Vicus (im wesentlichen das Areal zwischen Reismühlerstraße und Reismühlerweg), aber auch im Ortszentrum und den Randgebieten :

1930 Tonkrug-Lager, Vicus  

1936 röm. Wohnhaus,  ein Tempelchen und ein öffentliches Badehaus, Vicus

1936 Badehaus, Vicus

1947 Edelgeschirr-(Terra sigillata-)Lager, Vicus

1951 Kaserne/Speicherhaus/Markthalle (Horreum), Vicus 

1951 Herberge (Mansio) mit öff. Badehaus  und Münzschatz, Vicus

 1971 röm. Gräberfeld Nord, Bahnhofstraße

1992 Nebengebäude der Herberge, Vicus

1992 / 1998 / 2000  röm. Gräberfeld Süd, Acker im Reismühlerfeld

1998 Töpferofen, Vicus

2000 röm. Fachwerk-Wohnhaus mit Resten von Fußbodenheizung (Hypocaustum), bemaltem Wandputz, Vicus

2001 frühmittelalterliche Gebäudestrukturen am Tassilohof , Münchenerstraße

2002 Feinschmied-Metallwarenhändler-Reste, Vicus

2013/4 frühmittelalterliche  Gebäudestrukturen mit Grablege,  Münchenerstraße

2016 Verlauf der Römerstrasse östlich der Würm zum Buchendorfer Berg

2018 / 2020 frühbajuwarische Gräber am Krapfberg 

 

                 

Abb. 1  römisches Badehaus in Gauting                       Abb. 2 römische Standarte (Rekonstruktion) und die beiden                                                                                                                                                      Löwenfunde (Originale)

 

Bauliche Erkenntnisse

Es hat sich herausgestellt, daß Bratananium eine wichtige Siedlung mit einigen öffentlichen Gebäuden und einer großen Anzahl privater Wohnanlagen war. Offensichtlich lebte hier eine bedeutende Anzahl von Händlern und Handwerkern, was an einer wichtigen Straßenkreuzung nicht verwundert. An öffentlichen Bauten ist zu nennen: das oben genannte Badegebäude, ein großes, massives Steingebäude, das Markthalle ("Horreum") gedeutet wird, und nicht zuletzt die Straßenstation mit einem zentralen Bau mit Badetrakt als Steinbauten sowie Nebengebäuden in Holzbauweise.(Abb. 3) In Bratananium war also eine der sogenannten Mansiones. Sowohl das große Badegebäude als auch der Badetrakt der Mansio zeigen, daß man mittelmeerische Zivilisation auch in nördlichen Breiten schätzen lernte. Die privaten Gebäude waren überwiegend sog. Streifenhäuser, schmal und extrem lang, mit einem Wirtschaftsteil im rückwärtigen, der Straße abgewandten Bereich (Abb. 4 Vicusstraße). Es liegen auch Zeugnisse einer gehobenen Wohnkultur vor: im Juli 2000 wurden die Reste einer Fußbodenheizung (Hypocaustum) eines privaten Hauses entdeckt. Diese Einrichtung sowie Reste von bemaltem Wandputz zeigen, daß auch wohlhabende Leute in Bratananium wohnten. 

                                  

Abb. 3 Ausgrabungen im Zentrum des römischen Bratananiums         Abb. 4 Eine Vicusstraße